BILDILLUSION / Andreas Alfons Werner

Kann KI Kampagnen

Kann KI Kampagnen?

Die Symbiose aus Mensch und Weinglas

Text und Bilder: Andreas Alfons Werner, 2023

Trinken Sie einen Schluck, denn …

… der Abschied vom alten Denken steht uns allen bevor.
Künstliche Intelligenz könnte in der Werbung bald eine größere Rolle spielen — auch wenn Sie sich jetzt Gedanken zum Urheberrecht machen (Blogartikel dazu hier).
Die Schwächen der KI-Bilderzeugung wie Auflösung und Anatomiefehler sind bald behoben. Der Zeitpunkt der optischen Perfektion kommt schnell, und dann zählt nur noch die Qualität einer Idee. Nicht Budgets und Konventionen setzen fortan die Limits für Kreative, sondern findiger Gedankenreichtum und Speed entscheiden über den Erfolg.
Neues Denken ist nicht nur möglich. Es ist notwendig. 

Fangen sie jetzt an zu hoylen

Die Weinmarke hoyler ist fiktiv.
Spontan fiel mir der Slogan „ich wein gleich“ ein (ich texte manchmal gern). Bei einer imaginären Kampagne habe ich freie Hand und darf daher originell sein. 
Zuvor habe ich getestet, was für Werbesprüche der KI (ChatGPT) dazu einfallen. Ergebnis:
„Rotwein, die Poesie des Genusses erleben“ oder „Veredle Augenblicke – entdecke unseren Wein“, etc. — was so manchem Produktmanager gefallen könnte, insofern ist KI-Texterzeugung kampagnentauglich.
Und na klar: E
ine Anzeigenserie macht noch keine Kampagne, aber wir fangen klein an.

Das Grafikdesign der Anzeige habe ich bewusst schlicht gehalten. Hier ging es mir um die Bilder. Hätte man dafür nicht Stock-Images nehmen können? Ja. Und nein.
Diese spezifische Beleuchtung und Weintrinker-Stimmung finden Sie z.B. auf Adobe Stock nicht, schon gar nicht in Serie. 
Die Symbiose Mensch plus Weinglas konnte ich mit KI gut erzeugen, und auch meine Prompt-Eingaben für die besonderen Licht- und Farbverhältnisse wurden umgesetzt.
Aber spart man sich damit das Shooting? Kommt darauf an.

Sind Sie Fotograf? Dann werden Sie sofort etliche Dinge an diesen Bildern beanstanden, schon aus professionellem Reflex. Der KI fehlt es noch an wahrer Fotoqualität, richtig? Mal sehen, wie das in einem halben Jahr sein wird (aktueller Stand: August 2023). 

Für Kampagnen großer Marken sind weder Stock-Images noch (reine) KI-Bilder geeignet. 
Der kleinen Werbeagentur um die Ecke genügt die hier gezeigte Qualität und die Situation der Nutzungsrechte vielleicht schon jetzt für eine Anzeigen-Serie.  Außerdem steigt der Realismus der KI weiter an, während Sie diese Zeilen lesen.

Falls Sie als Kreativprofi Zukunftsängste haben sollten: Große Kunden werden stets menschliche (Top-)Fotografen engagieren, weil sie’s können, und weil damit Urheberrechtsfragen geklärt sind. Denn wäre meine „hoyler“-Anzeige real, gäbe es zwar für Logo, Marke und ggf. Layout rechtlichen Schutz, nicht aber für die mit KI erzeugten Bilder, weil in diesem Fall die Schöpfungshöhe nicht genügt (reine KI-Umsetzung, kaum menschliche Eingriffe). Jeder könnte diese Bilder frei verwenden. Nur stark veränderte KI-Bilder innerhalb von Compositings genießen Urheberrechtsschutz.
Doch wo liegt das Problem? In der Werbung werden außerhalb der großen Markenkampagnen häufig Stock-Images benutzt, und an die kommt auch jeder für kleines Geld per Abo, ohne Exklusivität. Beliebte Stock-Bilder finden sich wiederholt in Anzeigen. Langweilig! Warum nicht gleich maßgeschneiderte KI-Bilder in Auftrag geben, die wirklich passen? In vielen Fällen wollen Sie keine Exklusivität, sondern Geschwindigkeit. Doch Hingucker können Sie immer gebrauchen.

Sollte ich Sie schon jetzt erfolgreich verunsichert oder ermuntert haben, dann nehmen Sie einfach Kontakt zu mir auf. Ich suche Kooperation und kenne die Zukunft genauso wenig wie Sie. Aber ich habe täglich brauchbare Ideen. Und Sie benötigen gerade nur eine. Das kriegen wir hin!

KI heißt Klick und fertig. Oder?

Schön wär’s. Für die paar Bilder der fiktiven „hoyler“-Wein-Anzeige habe ich über 200 sogenannte Prompts erzeugt (Texteingaben, also die Anweisungen für die KI). Jeder Prompt wirft 4 Varianten zur Auswahl aus. Macht 800 Stück.
Warum so viele?
Noch verhält sich diese Technik manchmal wie ein Rennpferd, das man ungesattelt mit Gummiband-Zügeln in eine bestimmte Richtung reiten will. Dessen sprunghafte Natur schlägt mitunter kreative Kapriolen, die man nutzen kann. Passendes, Konkretes ist nur durch gutes Prompting und viele, viele Versuche zu erzielen. Und mit anschließender Retusche in Photoshop, das inzwischen auch schon KI-Funktionen intergriert hat (generative Füllung).

Wer Tausende sehr ähnliche Bilder kuratieren muss, kann daran verzweifeln oder geht mit enorm gestärkter Entscheidungsfreudigkeit daraus hervor. Bei mir sind es 35.000 Prompts (Stand August 2023) mit 140.000 Einzelbildern. Darin enthalten sind natürlich die vielen wiederholten Versuche. Zugrunde liegen etwa 1200 echte unterschiedliche Ideen bzw. Texteingaben. Daraus ausgewähltes vorzeigbares Ergebnis: Etwa 150 Top-Bilder (oder was ich dafür halte) auf meiner Website. 

Expedition ins Weinreich

Entwürfe (Schnappschüsse zum Thema Wein)

Etwa die Hälfte dieser Entwürfe ist in einer Nacht entstanden und am Folgetag retuschiert oder ergänzt worden. Auf das Entkorken einer echten Flasche Wein verzichtete ich dabei zugunsten der Konzentration. Auch KI-Bilderzeugung kann ein rauschhaftes Erlebnis ein. Prost!

Werkstattbericht

Kann die KI Kampagnen? Eine Bastelarbeit.

Entwurfsversuch

Ich habe mir das Thema Weinwerbung vorgenommen, um neue kreative Denkungsweisen auszuprobieren, zu denen die KI animiert.  Denn das tut sie! Wer damit wenig Erfahrung hat, kann den Prozess nicht nachvollziehen. Die KI-Bilderzeugung kann viel mehr als simple Tierbilder oder Spiderman. Man muss ihr nur die richtigen Sätze (Prompts) geben.

Mein Plan ist es, eine Story zu erzählen, im Film-Noir-Stil. Ein kleines Drama in einer einzigen Werbeanzeige.

Ich prompte. Flaschen fliegen. Ein Mann verlässt einen Raum. Eine (enttäuschte? erleichterte?) Frau trinkt Wein. Die Story formt sich, indem ich Überraschungen nachgehe, die sich durch mutige Texteingaben manifestieren.
Mutig? So, so! Vielleicht ist die KI einfach nur dominant.

Ist Die KI kreativer als der Designer?

Zu Anfang versteht sie meine Szenenbeschreibung nicht richtig und erzeugt statt einer Tür ein Poster, auf dem ein Mann verschwindet. Cool! So läuft er nicht vorm Wein weg, sondern ist eher eine Erinnerung an der Wand. Tolle Idee! Aber war das wirklich meine? Das Bein muss ich entfernen (siehe Bild).

Und dann versagt die KI komplett

Ich will mehr Drama! Einen umgeworfenen Stuhl, so als sei der Mann wütend entschwunden.
Aber das schafft die KI nicht! Sie erzeugt einen erbärmlichen Stuhl-Klumpen, egal was ich eingebe. 

Kurzerhand entscheide ich mich, den simplen Raum komplett in 3D zu konstruieren (ich benutze „Cinema 4D“). Die Flasche (das eigentliche Produkt) muss ohnehin in 3D gemacht werden. Und im Augenblick reicht die Kontrolle über die Szene mit KI nicht. Das wird sich aber bald ändern. Auch den 3D-Bereich wird die KI früher oder später einholen. Als Vorlage dienen die künstlich erzeugten Bilder schon jetzt bestens. 

Label für die WeinFlasche – auch mit KI

Das ist ein freies Projekt , daher brauche ich eine fiktive Marke. Irgendwas mit R wie Rotwein. Ich entscheide mich für „Ricochet“ (das Wort hat Widerhall) und lasse die KI eine Kombination aus R und Rose erzeugen. Schon 30 Prompts später habe ich etwas Überzeugendes. Das Etikett für die 3D-Flasche gestalte ich selbst, denn bei Typografie versagt die KI (noch).

Das Ergebnis

Die Anzeige hat zwei Bildteile. So lässt sich die Story besser erzählen. 

Das Ding funktioniert, wäre aber für etliche Kunden zu progressiv oder nicht glatt genug. Warnung: An allzu glatter Optik rutschen Augen ab und die Aufmerksamkeit bleibt aus.
Deshalb mache ich Hingucker. Welcher Werber ist bereit für wirklich Neues? Mithilfe der KI kann man höher, weiter denken – und (bald, fast) alles umsetzen.

Kann KI Kampagnen? Fazit

Zugegeben: Ein paar Bildchen sind noch keine Kampagne. Die Frage klingt nur so schön.

Noch gehen die KI-generierten Bilder nicht ohne Retusche durch und für high-End-Drucke ist die Auflösung etwas zu niedrig, trotz raffinierter Skalierung. Es fehlt aber nicht mehr viel, wenige Monate. Und bereits jetzt wandelt sich die Entwurfsphase, denn leicht gelingt mit der neuen Technik ein schneller Proof-of-concept, den man hinterher auch konventionell umsetzen kann. Falls man das muss.
Und die KI macht mutiger. Die simple Skizze, die der Chef/Kunde früher nicht auf Anhieb als genial erkannt hat, kommt jetzt fast perfekt daher und kann als Idee überzeugen.

Ist Künstliche Intelligenz kreativer als die Kreativen? Müßig, darüber nachzudenken, wenn Ihre Konkurrenz sie einfach benutzt. 

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